Ein Tag, der uns verändert hat
Heute war ein intensiver Tag. Der Kampf um Land hat für uns Gesichter bekommen. Gemeinsam mit der CPT João Pessoa durften wir zwei Gemeinschaften besuchen, die diesen Kampf tagtäglich führen. Diese Begegnungen waren bewegend, aufwühlend und inspirierend zugleich.
Die beiden Gruppen, die wir kennengelernt haben, könnten unterschiedlicher kaum sein:
Während die eine Gemeinschaft erst seit eineinhalb Jahren existiert, kämpft die andere seit über elf Jahren und musste dabei bereits Gewalt, Vertreibung und den Verlust von
Leben ertragen.
In der neuen Gemeinschaft spürten wir vor allem eines: Hoffnung.
In der Vorstellungsrunde wurde schnell klar, was die Menschen antreibt. Auf die Frage, warum sie Teil der Bewegung sind, kam eine schlichte, aber tief berührende Antwort:
„Ich möchte arbeiten. Ich möchte meine Familie versorgen.“
Diese Menschen wünschen sich ein kleines Stück Land ,als Lebensgrundlage. Sie wollen es bewirtschaften, Lebensmittel produzieren und damit beweisen, dass Land, das seit Jahrzehnten brachliegt, fruchtbar und sinnvoll genutzt werden kann.
Ihr Ziel: Mit ihrer Arbeit die rechtliche Anerkennung durch INCRA zu erreichen und eines Tages dieses Land offiziell zugesprochen zu bekommen.
Die Lebensumstände sind einfach. Familien leben auf engstem Raum, in selbstgebauten Hütten, organisiert mit viel Kreativität und Stolz. Doch trotz der Enge, der Hitze und der Unsicherheit spürt man die Kraft des Zusammenhalts. Erste Ernten sind gelungen, neue Ideen wachsen. Die Hoffnung auf eine Perspektive, auf ein Leben in Würde, ist groß.
Ganz anders der zweite Besuch.
Hier begegnen wir einer Gemeinschaft, die seit Jahren kämpft und immer wieder von vorne anfangen muss. Zerstörte Häuser, Einschüchterung, Gewalt, sogar Tote: all das sollte sie zum Aufgeben bringen. Doch sie machen weiter.
In ihren Erzählungen liegen Trauer, Wut und Frustration, aber auch ungebrochener Wille. Der Glaube an das eigene Recht, Land zum Leben und Arbeiten zu haben, trägt sie weiter. Die
CPT steht ihnen dabei zur Seite: Sie besucht die Gemeinschaften, vermittelt zwischen Institutionen, leistet juristische Beratung und stärkt den Zusammenhalt.
„Wir wollen arbeiten. Wir wollen Zukunft.“
Wenn man diese Menschen sieht – wie sie mit einfachsten Werkzeugen Ackerbau betreiben, um ihre Familien zu versorgen – stellt sich die Frage: Woran scheitert es?
Oft ist es Politik. Noch öfter der Wille der Privilegierten.
Wie kann es gerecht sein, dass ein einzelne Hunderttausende Hektar Land besitzen, während andere kaum genug haben, um ihre Kinder zu ernähren?
Was macht Besitz mit Menschen, wenn sie bereit sind, für ungenutztes Land zu töten oder zu vertreiben?
Gerechtigkeit kann es nur geben, wenn wir Ungleichheit erkennen, Privilegien benennen und bereit sind, zu teilen. (Zumal die Landbesitzer für Enteignungen entschädigt werden …)
Dass sich der Kampf lohnen kann, zeigt uns unser letzter Besuch.
In dieser dritten Gemeinschaft haben die Familien es geschafft: Nach Jahren der Unsicherheit besitzen sie nun Land, haben Zugang zu Strom und staatlicher Förderung. Sie sind der Beweis dafür,
dass Ausdauer und Zusammenhalt Früchte tragen können.
Trotzdem gehen wir nachdenklich zurück.
Die große Hoffnung, die Entschlossenheit dieser Menschen, bei glühender Hitze und mit einfachstem Werkzeug Land zu bewirtschaften, all das lässt erahnen, wie ihr Leben zuvor gewesen sein muss.
Hier geht es um Existenz, Würde und Zukunft.
Niemand hier sagt: „Man kann ja doch nichts ändern.“
Wir haben Menschen gesehen, die für ihre Rechte und Träume kämpfen – und uns damit zeigen, dass Veränderung möglich ist.
Wir sollten uns an ihnen ein Beispiel nehmen.